MEINE VIENNA PRIDE 2025 ERÖFFUNGSREDE
- Thomas Weber
- 16. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juni
Liebe Freund*innen, liebe queere Community,
liebe Mitmenschen,
für mich – als Teil unserer Community – ist es jedes Jahr eine besondere Ehre, die Wiener Regenbogenparade zu eröffnen. Ich habe mich auf diesen Moment lange gefreut: auf euch, auf unsere gemeinsame Pride, auf diesen Platz, der sich Jahr für Jahr in einen wunderschönen Ort der Sichtbarkeit, der Solidarität und der Lebensfreude verwandelt.
Ich habe in den letzten 29 Jahren an fast allen Regenbogenparaden teilgenommen – aber keine hat sich so angefühlt wie dieser Tag heute.

Denn etwas Schweres liegt in der Luft.
Etwas, das uns allen wehtut.
Etwas, das tief ins Herz geht.
Ein Ort, der Bildung und Geborgenheit schenken sollte, wurde zum Ort des Grauens, das unser Land tief erschüttert. Zehn Menschen wurden brutal ermordet – neun von ihnen waren noch Kinder. Es fehlen die Worte, um das Leid zu beschreiben, das durch diese Tat ausgelöst wurde. Unsere Gedanken sind bei den Menschen, die mit diesem Schmerz weiterleben müssen.
Was sagt man in einem Moment wie diesem?
Wie beginnt man eine Regenbogenparade, wenn so viele Herzen schwer sind?
Ich glaube: indem man ehrlich bleibt. Indem man nichts übertönt und nichts wegschiebt. Ich will diesen Moment nicht mit Parolen füllen – sondern anerkennen, dass heute vieles Platz haben darf:
Trauer, Hoffnung und auch unsere Pride. Menschen, die heute bei der Regenbogenparade mitgehen, und Menschen wie mich, die heute still innehalten. Beides ist in Ordnung – denn bei Vielfalt geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.
Was uns alle heute verbindet, ist nicht die Art und Weise, wie wir diesen Tag verbringen, sondern das Gefühl, das uns heute im Innersten eint: Dass wir zusammengehören – als Menschen. Dass wir gemeinsam für eine Welt einstehen, in der alle Kinder sicher sind, in der queere Jugendliche gesehen, geschützt und geliebt werden, in der niemand in Angst leben muss – erst recht nicht wegen dem, wer man ist oder wen man liebt.
Ich bin heute nicht hier, um große Worte zu machen. Ich bin hier, weil ich weiß, wie viel Kraft in unserer Community steckt – Kraft für unser ganzes Land. Weil ich spüre, dass selbst in unserer Trauer eine große Hoffnung wohnt. Ich bin heute hier, weil die Pride in Zeiten der Unsicherheit immer auch ein Ort war, an dem wir uns als Community festhalten konnten – wenn alles andere in unserem Leben ins Wanken geriet.
Darum wünsche ich uns heute eine Pride, in der all das Platz haben darf: Schmerz und Stolz. Zärtlichkeit und Wut. Politische Forderungen – und stille Momente.
Danke, dass ihr heute hier seid. Danke, dass ihr zeigt, was es bedeutet, füreinander da zu sein – in schweren Zeiten genauso wie in lichten Momenten. Möge uns dieser Tag daran erinnern, was wir tragen können, wenn wir einander die Hand reichen und stützen, und was wir verändern können, wenn wir zusammenstehen.
Ich wünsche uns allen heute eine Pride, die uns tröstet und Kraft schenkt. Und eine Pride, die uns - gerade heute - ins
Herz schreibt: Wir sind viele! Wir stehen füreinander ein! Und wir hören nicht auf, uns für eine bessere Welt zu engagieren, in der kein Mensch Angst haben muss und in der alle Kinder gesehen, geschützt und geliebt werden. Danke, dass ihr heute hier seid.
Thomas Weber
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